Schneckenjagd privat
Schneckenjagd privat
Von Gunther Nething - Stuttgarter Zeitung vom 26.6.2003 - Die Schneckenjägerin, ein gebücktes Weible mit ausladendem Hinterteil, kräftigen Waden und zupackendem Schneckengrapschergriff stammt von der Kemnater Künstlerin Birgit Rehfeldt. Sie war, wie andere Kunstschaffende auch, im letzten Jahr von der Stadt aufgefordert worden, doch das Thema Gartenschau aus ihrer Sicht aufzugreifen. Nach Abschluss des Grünspektakels waren es dann die Parkbewohner Sonja und Jürgen Wörtmann aus der Helene-Lange-Straße, die an der hölzernen Skulptur einen solchen Narren gefressen hatten, dass sie unter ihren Mitbewohnern, aber auch im Block nebenan, kräftig die Werbetrommel zum Kauf der Figur rührten.
Man gründete ein Vorbereitungskomitee und hatte das Glück, gleich in drei ehemaligen ehrenamtlichen Gartenschauführern Verbündete und Multiplikatoren zu finden. Zwölf Parteien konnten sich schließlich hinter die Idee von der Kunst im privaten Raum stellen. Und nicht nur das: Auch der Bauträger, die Backnanger Gesellschaft für die Betreuung privater Bauherren (GfB), erklärte sich bereit, die Hälfte der Kosten zu übernehmen, die sich allein fürs Honorar auf 1800 Euro belaufen.
Als jetzt die Schneckenjägerin aus Lärchenholz auf einem ebensolchen Sockel und über der Einfahrt zur Tiefgarage enthüllt wurde, da glich das Ganze einem kleinen Straßenfest mit Reden und Häppchen, Sekt und Treppchen. Und beim großen Bahnhof für ein kleines gefräßiges Tierchen, das ja letztlich die künstlerische Mission in Gang setzte, wollte auch Ostfilderns Oberbürgermeister Herbert Rösch nicht abseits stehen. Rösch nannte die Idee mit der Skulpturenwanderung „wunderbar“ und konnte sich im Rückblick auf seine 28 Dienstjahre an eine solche Privatenthüllung nicht erinnern. Kunst bereichere den Alltag und mache eine Stadt reicher. Und im Falle des Scharnhauser Parks kann sie auch besänftigen, nämlich die Kritiker, die immer noch glauben, am Erscheinungsbild des neuen Stadtteils herummäkeln zu müssen.
Mitbewohner Ulrich Viefhaus griff bei seiner Parallele des Kunstdeals mit den Kreuzberger Nächten zumindest im ersten Teil das Bild vom Schneckentempo auf: Ganz langsam habe alles begonnen, aber dann, aber dann ….. Sonja Wörtmann verfolgte das wechselnde Weichtierimage durch Bibelpsalmen und Predigertexte. Claus Sendler adelte das Schneckenweible zur „Venus der Gärtner“ und attestierte ihm doch einen „bescheidenen Charme“: Sehr lange wird die Jägerin übrigens nicht allein bleiben, schon ist für die nächste Bauzeile nämlich eine Joggerin ausersehen worden.
Gartenschauskulptur zieht um